Dieses Buch ist weit mehr als eine wechselvolle Firmengeschichte: Streng gehu?tete Tagebu?cher, Briefe und Familienfotos gewähren intime Einblicke ins Leben und Wirken der Stickereidynastie Jacob Rohner. Die Autorin schildert das katholische Milieu, die Überwachung der Arbeiterinnen in den «Mädchenheimen», die Einflu?sse der Jesuiten und der Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem. Die Leitlinien des päpstlichen Eliteordens dienten den Fabrikantenfamilien Rohner und Geser als Richtschnur. Um die Firmennachfolge zu optimieren und den konservativen, katholischen Geist zu bewahren, wurden Ehen arrangiert und unbotmässige Nachkommen ausgeschaltet. Die Jacob Rohner AG u?berwand beide Weltkriege, stand die Stickereikrisen durch und galt 1962 als grösstes Stickereiunternehmen des Landes.
«Sticken und Beten» macht die Turbulenzen der Stickereiindustrie sichtbar, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Schweizer Exporte anfu?hrte und den Ostschweizer Alltag u?ber Jahrzehnte prägte. Die Parallelen zur heutigen Zeit verblu?ffen: vom ersten Börsencrash u?ber den starken Franken der Dreissigerjahre und vom gefährdeten Werkplatz Schweiz bis hin zum verfolgten Du?sseldorfer Banker, der sich in der Rebsteiner Villa Jung-Rhein versteckt hielt. 1988 ging die katholische Traditionsfirma mit Stickereiwerken, Sockenfabrik und Weberei an den freisinnigen Konkurrenten Forster Willi, die heutige Forster Rohner Gruppe. Die Rheintaler Standorte wurden geschlossen. Die Rohner-Socken haben u?berlebt. Ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schildern den Wandel.