Klugheitslehren bilden um 1700 den theoretischen Ort, an welchem dem Einzelnen praxiologisches Wissen zur Gestaltung seiner sozialen Welt vermittelt werden soll. Als Klugheit zu urteilen, zu lieben, auszuwählen, eine Unterhaltung zu führen unterscheidet sich die frühbürgerliche Klugheit deutlich von der höfischen, deren Einfluß im kommunikationstheoretischen Schwerpunkt dieser Theoriegattung fortbesteht.
Auf dem Boden der klugen Bemächtigung von Welt durch Wissen entstehen im 18. Jahrhundert die Architekturen der bürgerlichen Vernunft, die die Orientierung an den individuellen Wissenstechniken zugunsten einer staatsbürgerlichen Bildung aufgeben. Diese drängen die Klugheitslehren in den Raum des rein Privaten ab, einer Sphäre, die mit einem als egoistisch diffamierten Machiavellismus identifiziert wird. Als Anstandslehren und Subethiken des alltäglichen Lebens überleben sie bis heute in einer Art Ratgeberliteratur.
Die Studie stellt die frühbürgerliche Klugheit in die Geschichte der enzyklopädischen Expansion des Wissens seit dem Buchdruck und versteht ihren Einsatz als Reaktion auf die Krise der polyhistorischen Universalwissenschaft. Als Instrument der Selektion von Wissens nach Kriterien der gesellschaftlichen Nützlichkeit verschiebt sie den privilegierten universitären Ort von Wahrheit hin zur alltäglichen Kommunikation als Medium der Erkenntnis. Damit bringt sie einen politischen Gelehrtentypus hervor, der diese Zirkulation kompetent beobachtet.