Langeweile ist eine der geläufigsten menschlichen Erfahrungen, trotzdem scheint sie sich beharrlich einem vollständigen Verständnis zu entziehen. Wir alle wissen, wie es sich anfühlt, gelangweilt zu sein, doch was genau den Zustand des Gelangweiltseins auslöst, was ihn ausmacht und was aus ihm folgt, ist weit weniger klar. Ist Langeweile eine Funktion der Muße, sodass es, wie manche meinen, vor dem Zeitalter Schopenhauers so etwas wie Langeweile gar nicht gab? Oder ist die aus dem Mittelalter bekannte Sünde der Acedia - eine Art Apathie, ein Überdruss an jeder Art des Tätigseins - vielleicht ein passender Vorläufer? Stürzt uns die Langeweile in ein Wechselbad widersprüchlichen Verlangens oder konträrer Zustände oder beides? Kurz: Wenn ich mich angesichts eines gefüllten Kühlschranks darüber beklage, dass es nichts zu essen gibt, oder wenn ich in hundert Fernsehkanälen vergeblich nach etwas Gescheitem suche, wer oder was ist dann genau daran schuld?
Ich wünschte, ich wäre hier bietet eine dringende und aktuelle politische Analyse der Langeweile, die unser ständiges, alltägliches Eintauchen und Versinken in digitale Medien dominiert sowie dessen tiefgreifende Auswirkungen auf unsere Persönlichkeit. Mark Kingwell setzt bei einer philosophischen Analyse von Langeweile und Glück an, um die drängenden Probleme der Bildschirmabhängigkeit und die Verlockung von Online- Empörung zu untersuchen. Ohne zu moralisieren, nimmt Kingwell die Möglichkeit ernst, dass die gegenwärtigen Lebens- und Verbindungsbedingungen ausgehöhlte, von der Außenwelt abgeschiedene menschliche Ichs schaffen. Während das Scrollen, Wischen und Klicken zielgerichtete Handlungen wie das Verbinden mit anderen Personen suggerieren, argumentiert Kingwell, dass wiederholte Fingerklicks lediglich den Schatten einer Bedeutung liefern, indem sie uns auf Datenfragmente, Twitter-Feeds, Instagram-Posts, Einkaufspräferenzen und Texttrends reduzieren, die von Algorithmen erfasst werden. Kingwell untersucht die Ursprünge und Auswirkungen von Langeweile, um aufzuzeigen, wie wir Verhältnisse für ein reicheres und bedeutungsvolleres Leben schaffen können. Eine Lösung sieht er in der Philosophie und einer 'kreativen Langeweile'. Verständlich geschrieben, wird dabei sowohl auf die klassischen Philosophen als auch auf zeitgenössische Kritiker verwiesen.