Der »Regelverstoß« Desaster bildet den Abschluss von Christoph Geisers Trilogie
des Scheiterns (Die Baumeister, Über Wasser). Erneut begleiten wir einen gealterten
Wir-Erzähler in annähernd totaler Verinnerlichung, eine Schriftstellerexistenz,
der das literarische Schreiben Daseins- und Erregungszustand geworden ist. Der
Einbruch der Wirklichkeit durch 9/11 drängt zu poetologischen Legitimationsbemühungen,
die das Schriftsteller-Wir veranlassen, das eigene Schreiben, Leben
und vor allem Begehren an der politischen Vergangenheit und Gegenwart zu
überprüfen. Birgt das homoerotische Reden um der Lust am Reden willen eine
neue Ästhetik des Widerstands, die auch nach 1968 und nach 2001 noch Gültigkeit
hätte?
Ironisch mit dem desaströsen Scheitern am eigenen Begehren kokettierend,
führt Geiser mit Desaster vor, welch befreiende Kraft aus dem Spiel mit Regeln
der Literatur, des Diskurses sowie der Institutionen hervorgehen kann. Zugleich
ermöglicht uns dieses desaströse Erzählen, das Verhältnis zwischen Literatur
und Welt als ein Begehren zu verhandeln. Und das höchst lustvoll.
Der Text trug in der Erstausgabe noch den Titel Wenn der Mann im Mond erwacht
und erscheint nun erstmals unter dem ursprünglich vorgesehenen Titel Desaster
sowie mit neuem Schlusskapitel.